Samstag, 23. Februar 2008

Martin Suter: Der letzte Weynfeldt (Diogenes)

Was ist Identität, und wie verändert sie sich? Wer "Der letzte Weynfeldt" gelesen hat, der wird über diese beiden Fragen möglicherweise neu nachdenken. Anlass dazu bietet Autor Martin Suter gleich mehrfach. Da wäre der Titelheld, Adrian Weynfeldt, finanziell mehr als hinreichend abgesichert, stets im korrekt sitzenden Maßanzug, Kunstexperte aus Leidenschaft - und wegen der Langeweile. Gegen diese helfen auch diverse Freundesrunden, über die Wochentage gleichmäßig verteilt. Für seine jüngeren Freunde fungiert Weynfeldt notfalls als Mäzen; freundlich, aber zugleich mit professioneller Distanz. Und nach einer Jugendliebe, die irgendwann erloschen war, hat Weynfeldt den engeren Kontakt zu Damen wohl eher gemieden. In die Routine seines Lebens zwischen Kunsthandel, Tafelrunden und geruhsamer Einsamkeit aber kommt Bewegung, als er - ganz gegen seine Gewohnheit - eine junge Frau mit nach Hause nimmt: Lorena, als Model gescheitert und auch sonst nicht gerade aus bestem Hause, bringt sein Leben gründlich durcheinander.
Suter gelingt, in bester schweizerischer Tradition, erneut ein brillanter Roman um Schein und Sein. Das Verwirrspiel um ein berühmtes Gemälde, das zur Auktion kommen soll, und dessen exzellente Kopie, die der Besitzer des Bildes gern als das Original ausgeben möchte, ist letztendlich nur eine Chiffre für das Chaos in den Köpfen. Wer aber keine Lust hat, sich darauf einzulassen, der kann das Buch auch einfach nur so lesen; es ist hervorragend geschrieben, und spannend obendrein.

Prädikat: *****

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