Dienstag, 8. Mai 2012

Dieter Hildebrandt: Schillers erste Heldin (dtv)

Dieses Buch erzählt die Lebensgeschichte von Christophine Reinwald (1757 bis 1847), geborene Schiller. Sie war nicht nur die Schwester Friedrich Schillers, sondern auch die Vertraute seiner Jugendjahre. Bis zu ihrem 28. Lebensjahr blieb sie bei ihren Eltern und kümmerte sich um den Haushalt und die jüngeren Geschwister. Dann hei- ratete sie Wilhelm Reinwald, Bibliothekar des Herzogs zu Meiningen, und führte ihm 30 Jahre lang, bis zu seinem Tode, den Haushalt - unter nicht ganz einfachen Be- dingungen, denn ihr Ehemann erwies sich als schrullig und knausrig. 
Der Leser erfährt erstaunt, welchen Beschränkungen sich Schillers Schwester, die diese Ehe gegen den deutlich erklärten Rat ihres Bruders eingegangen war, fügte. So ließ Reinwald seine Frau Zeichenunterricht geben, um die Haushaltskasse aufzubessern, und jeden einzelnen Briefbogen musste sie erbitten und rechtfertigen. Denn der Bibliothekar, der im übrigen ein ausgewiesener Experte für altdeutsche Literatur war, vertrat die Auffassung, dass es die Aufgabe des Mannes sei, Korrespondenzen für die Familie zu führen. 
Es wird nicht verblüffen, dass Christophine nach Reinwalds Tod Meiningen zunächst den Rücken kehrte. Sie ging zurück ins Württem- bergische, doch eine Heimat fand sie erst, als sie wieder in die thüringische Residenz zog. Dort war sie sehr beliebt, und als Witwe konnte sie endlich ihr Leben leben. Dieter Hildebrandt zeichnet hier mit unglaublichem Fleiß, bewundernswerter Gründlichkeit und nach einer intensiven Recherche in diversen Archiven das Bild einer Frau, die man nur bewundern kann. Denn heutzutage werden Ehen schon aus ganz anderen Gründen geschieden. 


Prädikat: ****

Keine Kommentare: