Donnerstag, 28. Juli 2016

Linde Salber: Nicht ohne Utopie (Kulturmaschinen)

Eine Biographie des Schriftstellers Her- mann Kant hat Linde Salber mit Sorgfalt erarbeitet. Sie ist in erster Auflage bereits 2013 erschienen, und wurde nun in einer Neuausgabe vorgelegt – von der Autorin kritisch durchgesehen und mit über hundert Fotos schön gestaltet. Die Tatsache, dass Salber ihre frühe Kindheit in Ostdeutschland verbrachte, und dann im „Westen“ lebte, während Kant als Kind in Westdeutschland aufwuchs und später in der DDR wirkte, ist ein Kuriosum. Dieses Buch profitiert aber davon, denn Salber besteht, bei aller Annähe- rung, auf Distanz. 
Hermann Kant ist, das Cover mit dem Januskopf deutet es an, nicht nur der Autor hervorragender und stilistisch brillanter Bücher wie "Die Aula" oder "Der Aufenthalt". Er war auch, in der Nachfolge Anna Seghers', von 1978 bis 1990 Präsident des DDR-Schriftstellerverbandes und als solcher bemüht, dem Politbüro Freiräume für die schreibende Zunft abzuringen. Dieses Buch macht deutlich, dass dies nicht so einfach war, wie sich etliche das vorstellen - und dass es ihm auch nicht immer geglückt ist. Die Autorin hat das Kunststück fertigge- bracht, eine Biographie zu schreiben, die Kants Persönlichkeit ebenso gerecht wird wie seinem Schaffen. Sie spart kritische Punkte nicht aus, aber sie bleibt stets fair – und sie zeigt, sehr detailreich und durchaus mit Verständnis, wie sich der Autor unter den komplizierten Bedingungen in der DDR entwickelt hat. Beispielhaft! 

Prädikat: *****