Freitag, 6. Februar 2015

Marita Spang: Hexenliebe (Knaur)

Wie schafft man Frauen beiseite, die zu klug, zu hässlich, zu schön oder aber auch einfach nur vermögend sind? Im 17. Jahr- hundert war das ziemlich einfach: Man sorgte dafür, dass die Leute, die störten, für Hexen oder aber Zauberer gehalten wurden. Und schon landeten sie auf dem Scheiterhaufen. Auch in der Eifelherrschaft Neuerburg, unweit von Trier, funktioniert dieses Verfahren trefflich, zumal der Landgraf die Hexenjagd durchaus unter- stützt. 
Seine Nichte, die junge Claudia von Leuchtenberg, sieht das Treiben der Ankläger mit Unbehagen. Als dann ihre Jugendfreundin Barbara verhaftet wird, ersinnt sie einen waghalsigen Plan. Doch wird es ihr gelingen, die Hexenjäger in die Flucht zu schlagen? Marita Spang ist ein facettenreicher Historienroman gelungen, der sich insbesondere auch durch ein beeindruckendes Figurenensemble auszeichnet. Und spannend ist das Buch obendrein. 

Prädikat: **

Sam Eastland: Der rote Sarg (Knaur)

Einmal mehr lässt Paul Watkins seinen Inspektor Pekkala im Auftrag Stalins ermitteln. Oberst Nagorski ist unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen. Die Lage ist prekär, denn man schreibt das Jahr 1939. Und der Ingenieur hat die Entwicklung des Panzers T-34 geleitet, von Spöttern auch „der rote Sarg“ genannt. Stalin wittert eine Verschwörung, und schickt seinen Sonderermittler aus. Pekkala kann bald bestätigen, dass es kein Unfall war. Bei aller Spannung und Exotik - aber Stalin zu einer Figur in einem Kriminalroman zu machen, auf eine solche Idee kann wirklich nur ein Amerikaner kommen...

Prädikat: *

Donnerstag, 5. Februar 2015

Su Turhan: Kruzitürken (Knaur)

Bauchtanz? Kommissar Pascha ist genervt. Dass Sohn Aydin bei einer internationalen Bauchtanzshow in der Kapelle mitspielt, ist ja in Ordnung – schließlich müssen Musiker Geld verdienen. Aber dass letztendlich zwei der Tänzerinnen tot in ihren Garderoben liegen, das weckt dann doch das Interesse von Zeki Demirbilek. Eigentlich sucht der Münchner Ermittler mit Migrations- hintergrund ja derzeit nach den Mördern eines Mannes, der als Kredithai verschrien war. Das Heroin, das sich so ganz nebenher im Bauchtanzkostüm angefunden hat, erscheint dem Leiter der Soko Migra jedoch spannend genug, sich gründlich mit dem Umfeld der Bauchtanztruppe zu beschäftigen. Spuren führen bis nach Istanbul. Auch in seinem dritten Roman um den knurrigen türkisch-bayerischen Ermittler setzt Su Turhan auf interkulturelle Konflikte. Es ist das Dasein der Helden zwischen Orient und Okzident, das diesem Krimi sein besonderes Flair gibt – und mitunter auch eine große Portion Komik. 

Prädikat: **

Sven Koch: Dünengrab (Knaur)

Dichter Nebel liegt über der Nordsee. Und in der Nacht geschehen in Werlesiel merkwürdige Dinge. Am nächsten Morgen ist ein junges Mädchen verschwunden. Eifrig sucht die Polizei in der Umgebung des kleinen Ortes an der friesischen Küste nach der hübschen Vikki – doch statt der Vermissten finden sie in den Dünen den Friedhof eines Serienmörders. Ein verstörender Kriminalfall um einen Täter, der nach außen hin völlig normal auftritt. Nicht einmal die Polizei ahnt, dass dieser nette Nachbar vollkommen irre ist – und das offenbar schon seit Jahrzehnten. Gruslig!

Prädikat: ***

Dienstag, 3. Februar 2015

Tatjana Kruse: Sticken, stricken, strangulieren (Knaur)

Kommissar a.D. Siegfried Seifferheld, leidenschaftlicher Sticker, ist schockiert. Da begegnet ihm doch mitten in der Stadt ein Typ, der sich als Arno Siegmann vorstellt – Stricker! Und der lädt ihn dann auch noch zu einer Vernissage ein. Beim Versuch, dem peinlichen Trara zu entrinnen, stolpert Seifferheld dann beinahe über eine skelettierte Leiche. Die Tote wurde mit einem Gürtel stranguliert, den eine auffällige Elvis-Presley-Schnalle ziert. Und weil sie offensichtlich schon etliche Jahre in der Cafeteria der Bausparkasse Schwäbisch Hall liegt, ist die Polizeichefin ausnahmsweise sehr erfreut darüber, dass sich der Kollege für den Fall interessiert. Die Fans von Tatjana Kruse dürfen sich freuen – denn auch dieser Krimi vereint wieder Spannung und Komik. Liebevoll zeichnet die Autorin ihre Helden und deren Macken – vom Männertrommeln bis hin zur Missionsreise der Pfarrer und ihrer Ehegattinnen in den tiefsten Osten, nämlich in die Uckermark, dorthin, wo bekanntlich die Neonazis hausen. Da bleibt kein Auge trocken.

Prädikat: ***

Antal Szerb: Reise im Mondlicht (dtv)

Ein junges Paar aus Ungarn geht auf Hochzeitsreise nach Italien. Doch schon bald stellen die Frischvermählten fest, dass sie sich gar nicht sehr viel zu sagen haben. Und als Mihály dann auch noch einem ehemaligen Schulkameraden begegnet, wird er von Erinnerungen an seine Jugendfreunde schier überwältigt. Mit feiner Ironie erzählt Antal Szerb, wie sich das Paar verliert, noch bevor es zu sich gefunden hat. Mihály träumt von seinen alten Freunden – doch was vorbei ist, das ist Vergangenheit. Ein kluges Buch über das Erwachsenwerden, mit all seinen Verlusten. 

Prädikat: ****

Montag, 2. Februar 2015

Kate Brady: Mädchen # 6 (Knaur)

Das Tatwerkzeug: eine rostige Garten- schere. Die Trophäe: eine Haarsträhne. Die Opfer: junge Frauen. Doch was haben die Morde mit illegalen Adoptionen zu tun? Polizistin Danielle verfolgt die Spur des Täters – und bemerkt fast zu spät, dass sie selbst auf seiner Liste steht. Ein atem- beraubender Thriller, mit einem überaus verblüffenden Finale. 

Prädikat: ***

Iny Lorentz: Flammen des Himmels (Knaur)

Stillenbeck im 16. Jahrhundert: Der berüchtigte Inquisitor Jacobus von Gerwardsborn trifft in der Stadt ein, um Wiedertäufer zu jagen. Der Rat der Stadt ist froh, dem unbarmherzigen Schlächter ein Opfer nennen zu können, und so gerät die Familie der jungen Frauke Hinrichs in dessen Hand. Nur knapp gelingt es Lothar, dem Sohn eines engen Vertrauten des Fürstbischofs von Münster, das Mädchen vor dem Scheiterhaufen zu retten. 
Als die Wiedertäufer ihre Anhänger nach Münster rufen, um dort das himmlische Jerusalem zu erschaffen, sehen Frauke und ihr Retter sich wieder. Doch statt das Himmelreich auf Erden errichten die Prediger dort eine brutale Dikatur, in der die Anführer schlemmen und das Volk hungert. Und vor den Mauern der Stadt ziehen die Söldner des Fürstbischofs auf. Gekonnt erzählen Iny und Elmar Lorentz ein spannendes Kapitel aus der deutschen Geschichte. Wenn Lothar als „Lotte“ spionieren geht, dann ist das schon sehr komisch. 

Prädikat: ***

Anselm Grün: Einfach nur Glück (Pattloch)

Wo findet man das Glück und wie kann man es festhalten, wenn man es gefunden hat? Anselm Grün OSB, ehemaliger Cellerar (wirtschaftlicher Leiter) des Klosters Münsterschwarzach, ist wohl der einzige Mönch mit eigener Webseite. Dort findet man nicht nur eine lange Liste mit Terminen von Workshops mit dem umtriebigen Benediktiner, sondern auch eine verblüffend lange Liste seiner Bücher. 
Wer aus diesem Buch Inspirationen für ein gutes Leben erhalten möchte, der sollte drei wichtige Eigenschaften mitbringen. Er sollte ein frommer Christ sein, und sehr gebildet – denn Grün springt munter von Bibelzitat zu Kirchenvater zu Philosoph, um sich verständlich zu machen. Und er sollte zudem eine gewisse Leidensfähigkeit mitbringen, denn sprachlich ist dieses Traktat nicht die reine Freude. 

Prädikat: --

Lioba Werrelmann: "Stellen Sie sich nicht so an!" (Knaur)

Lioba Werrelmann ist eine erfolgreiche Journalistin, angekommen im Olymp ihrer Zunft. Als Hauptstadtkorrespondentin für den WDR eilt sie von Termin zu Termin. Doch urplötzlich ist damit Schluss: Werrelmann leidet unter schweren Herzrhythmus- störungen. Aber es fällt selbst ihr nicht leicht, Ärzte zu finden, die helfen können. 
Jedes hundertste Kind in Deutschland wird mit einem Herzfehler geboren. Während diese Kinder noch in den sechziger Jahren zumeist nicht einmal ein Jahr alt wurden, werden sie nun dank der modernen Medizin fast alle erwachsen. Doch wirklich geheilt sind sie oftmals nicht, und so werden Hausärzte und Kardiologen mit einer völlig neuen Gruppe von Patienten konfron- tiert, auf die sie nicht vorbereitet sind. Nur wenige Spezialisten sind derzeit in der Lage, Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern zu behandeln. 
Ärzte, die keine Termine frei haben oder mit Blick auf ihr Budget notwendige Arzneimittel nicht verschreiben wollen, Auseinander- setzungen mit der Krankenkasse – Werrelmann stellt bald fest, dass es viel Kraft kostet, in Deutschland krank zu sein. Doch im Herzzentrum trifft sie auf andere EMAHs, die es noch viel schwerer haben. Und so wird aus einer zunächst etwas weinerlichen privaten Kranken- geschichte letztendlich eine Kampfschrift für eine rasant wachsende Patientengruppe, die derzeit noch keine Lobby hat. 

Prädikat: *