Samstag, 31. Januar 2015

Claudia und Nadja Beinert: Die Kathedrale der Ewigkeit (Knaur)

Naumburg im 11. Jahrhundert: Die Kathedrale ist vollendet. Noch arbeiten in dem Gebäude Handwerker an der Ausmalung. Doch Markgräfin Uta ahnt bereits, wie spektakulär der Innenraum aussehen wird, wenn alles fertiggestellt ist. Sie hofft zudem darauf, bald mit dem geliebten Hermann vereint zu leben. Hat ihr nicht die Kaiserin selbst zugesagt, die Auflösung ihrer Ehe mit seinem Bruder Ekkehard zu unterstützen? 
Doch dann kommt es auf der Baustelle zu seltsamen Zwischenfällen. Und Hermann verschwindet spurlos. Kurz darauf wird eine verstümmelte Leiche auf den Burghof gebracht, die seine Kleider trägt. Uta kann nicht glauben, dass Hermann für immer verloren ist, und macht sich auf die Suche nach der Wahrheit. 
Der Leser wiederum kann nicht glauben, dass diese Geschichte von Dr. Claudia Beinert und Nadja Beinert tatsächlich im Mittelalter spielt. Die Zwillingsschwestern, die beide Internationales Mana- gement studiert haben, haben Uta von Ballenstedt zur zentralen Figur ihres Romans gemacht. Ihre Statue kann man noch heute in der Reihe der Stifterfiguren im Naumburger Dom bestaunen. Damit es aber überhaupt etwas zu erzählen gibt – denn üblicherweise ist selbst über wichtige Persönlichkeiten jener Zeit sehr wenig bekannt – haben die Autorinnen viel Phantasie investiert. 
So haben sie sich Notburga und Bebette von Hildesheim ausgedacht, zwei intrigante Schwestern, die Uta das Leben schwer machen und dafür ohne Bedenken auch über Leichen gehen. In der Realität freilich wäre dies nicht so unkompliziert gewesen, zumal die Menschen damals bestrebt waren, keinen Schritt allein zu gehen. Und je höher im Rang, desto größer auch die Schar des Gefolges. Es sind viele kleine Details, die uns zeigen, dass es sich eher um einen Historien- als um einen historischen Roman handelt. Und die Handlung ist mitunter so vorhersehbar, dass man eher den Eindruck hat, eine Arbeit aus dem Kurs „Kreatives Schreiben“ vor sich zu haben, wo ein Student sich bemüht hat, zuvor skizzierte Handlungs- linien irgendwie mit den literarischen Figuren zu verknüpfen. Toll ist das nicht. 

Prädikat: --

Mittwoch, 28. Januar 2015

Iny Lorentz: Der weiße Stern (Knaur)

Dies ist die Fortsetzung der Auswanderer- saga des Münchner Autorenpaares Iny und Elmar Lorentz. Gisela und Walther sind auf ihrer Flucht aus Preußen in der mexika- nischen Provinz Tejas buchstäblich gestrandet. Sie bemühen sich, eine Landwirtschaft aufzubauen. Eines Tages stehen die gefürchteten Komantschen vor der Tür. Walther reagiert clever, und pflegt schließlich sogar Handelsbeziehun- gen mit den Indianern. Als Gisela einen Sohn zur Welt bringt, erweist sich dies als höchst hilfreich, denn er kann ihnen die junge Nizhoni abkaufen. Sie hat soeben ihr Kind verloren – und kann den kleinen Josef stillen. Schon bald verbindet die junge Indianerin eine tiefe Freundschaft mit Gisela. Doch das Glück der jungen Familie ist in Gefahr. Denn nicht alle sind damit einverstanden, dass sich die Siedler in Tejas nieder- lassen.

Prädikat: **

Rita Falk: Griessnockerlaffäre (dtv)

In Landshut, im Polizeihof, wird ein Polizist aufgefunden, mit durchgeschnittener Kehle. Der Letzte, der mit Barschl zu tun hatte, war Franz Eberhofer. Dummerweise war der Tote sein Vorgesetzter, die Tatwaffe sein Hirschfänger – und sämtliche Kollegen wissen, dass sich die beiden nicht ausstehen konnten. Und so kommt es, dass Eberhofer durch das SEK geweckt wird. Der vierte Fall, den sich Rita Falk für ihren Kommissar aus der bayerischen Provinz ausgedacht hat, ist ziemlich verzwickt. Und obendrein steht im heimischen Niederkaltenkirchen plötzlich ein freundlicher älterer Herr vor der Tür: Paul ist die verloren geglaubte Jugendliebe von Oma Magdalena. 

Prädikat: **

Lena Johannson: Haus der Schuld (Knaur)

Einmal mehr stellt Lena Johannson eine starke Frau in den Mittelpunkt eines Romans, durch den ebenfalls einmal mehr ein kräftiger Seewind bläst. Dabei sind die Träume der Heldin Amali höchst bescheiden: Nicht mehr hinter der Käsetheke stehen, sondern einen hübschen kleinen Hofladen führen, mit einer Bistro-Ecke. Für eine junge Dame, die immerhin BWL studiert und dann noch eine Ausbildung im Bio-Landbau gemacht hat, erscheint dies nicht übermäßig ehrgeizig. 
Dann stirbt ihr Vater, und im Nachlass findet Amali Dokumente zur Familiengeschichte, die sie neugierig machen und zugleich verstören. Denn ihre Vorfahren sind vor über hundert Jahren nach Afrika ausgewandert. Und es ist auch kein Zufall, dass sie später nach Deutschland zurückgekehrt sind. Ihr Hab und Gut haben sie erneut eingebüßt. Und immer hat ein von Eichenbaum dabei die Finger im Spiel. Schließlich reist Amali nach Afrika, denn sie will Klarheit – und Gerechtigkeit. Ein faszinierendes Buch zur deutschen Kolonial- geschichte; nur schade, dass die Autorin auf den Zuckerguss nicht verzichten kann. Der Titel deutet es ja bereits an. Und so steht am Ende natürlich ein netter junger Anwalt bereit, mit der Heldin auf Land zu ziehen. In der Realität wäre der Traum von der selbst- gemachten Marmelade wohl an der Finanzierung gescheitert: Einmal Käse, immer Käse. 

Prädikat: *

Dienstag, 27. Januar 2015

Andreas Föhr: Totensonntag (Knaur)

Mit diesem Krimi berichtet Andreas Föhr über die Anfänge seines erfolgreichen Ermittlerduos: Im Herbst 1992 war Clemens Wallner frischgebackener Kriminal- kommissar. Bei einem Besäufnis auf einer Berghütte am Tegernsee, zu dem sein junger Kollege Leonhardt Kreuthner ihn mitgenommen hatte, geraten beide in ein Geiseldrama. Der Geiselnehmer kommt dabei ums Leben, doch mit seinen letzten Worten schickt er Wallner auf die Suche nach einem Mordopfer, das seit vielen Jahren in der Gruft von Sankt Veit liegen soll. So findet Kreuthner schließlich seine erste Tote – ein Skelett in einem edelsteinbesetzten Sarg mit einer Kugel im Schädel. Föhr schickt seine Leser auf die Spuren einer dramatischen Geschichte, die sich in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs ereignet hat. Dummerweise reichen sie bis in die Gegenwart. 

Prädikat: ***

Iny Lorentz: Das goldene Ufer (Knaur)

In der Schlacht von Waterloo rettet der junge Walther seinem Kommandeur das Leben. Zum Dank nimmt dieser sich des Waisenjungen an – ebenso wie der kleinen Gisela, deren Vater im Kampf fiel. Beide wachsen von nun an in seinem Haushalt auf – sehr zum Unwillen der Gräfin sowie des Grafensohnes. Nach dem Studium, das er an der Seite des jungen Grafen absolvieren darf, spart Walther jeden Groschen, denn sein Ziel steht fest: Er will nach Amerika, und zwar gemeinsam mit seiner Frau Gisela. Doch schneller als geplant bleibt dem Paar nur die Flucht. 
Mit diesem Roman, der leider mitunter etwas holzschnittartig erzählt ist, beginnt die neue Auswanderersaga der Erfolgsautoren. Iny und Elmar Lorentz machen zugleich ein interessantes Kapital aus der Geschichte der Vereinigten Staaten zu ihrem Thema - auf die Fort- setzung darf der Leser also gespannt bleiben. 

Prädikat: **

Montag, 26. Januar 2015

Susanne Schädlich: Herr Hübner und die sibirische Nachtigall (Droemer)

Susanne Schädlich erzählt in diesem Roman zwei reale Biographien aus der DDR. Sie beginnt im Jahre 1948. In Dresden, in einem Gefängnis der sowjetischen Militäradmini- stration, verständigen sich zwei Gefangene mit Hilfe von Klopfzeichen durch die Zellenwand: Dietrich Hübner (21), engagiertes Mitglied der Liberaldemo- kratischen Partei, und Mara Jakisch (43), Operettensängerin und Filmschauspielerin. 
Nach Kriegsende hatten beide große Pläne. Mara Jakisch wollte zurück auf die Bühne. Hübner trat ein für Freiheit und Demokratie – ein gefährliches Unterfangen in der Sowjetischen Besatzungszone, wo die Diktatur des Proletariats Staatsdoktrin ist, und politische Gegner gnadenlos ver- folgt werden. Die Anklage: Spionage für die westlichen Besatzungs- mächte. Das Urteil: Jeweils 25 Jahren Arbeitslager. 
Hübner hatte vergleichsweise Glück, er kam erst nach Bautzen, dann nach Brandenburg-Görden. Mara Jakisch wurde abtransportiert nach Sibirien. Damals verloren viele ihr Leben. Jakisch aber kehrte aus dem Gulag zurück, und auch Hübner wurde letztendlich aus der Haft entlassen. Beide entschieden sich für die Bundesrepublik. Mara Jakisch ging zunächst wieder singen, aber sie fühlte sich dabei nicht mehr wohl und suchte sich einen Bürojob. Sie wird über hundert Jahre alt. Es wird ein einsames Alter. Dietrich Hübner gelingt es, Karriere in der Politik zu machen. Er bringt es bis zum Ministerialrat. 

Prädikat: ***

Christoph Peters: Herr Yamashiro bevorzugt Kartoffeln (Luchterhand)

Lange hat Ernst Liesgang nach dem passenden Ort gesucht – und sich schließlich für Rensen, ein verschlafenes Dorf an der Ostsee, entschieden. Der Keramikkünstler, nach etlichen Lehrjahren in Fernost wieder zurück in der Heimat, will im Hof des alten Pfarrhauses nach alter Tradition einen Anagama-Brennofen errichten lassen. Und einmal mehr hat Liesgang Glück, denn es gelingt ihm, Tatsuo Yamashiro, einen der erfahrensten und angesehensten Ofensetzer Japans, für diese Aufgabe zu gewinnen. 
Und so reist der Handwerker aus dem Land der aufgehenden Sonne im Frühjahr 1989 in die deutsche Provinz, umsorgt von einem ganzen Tross japanischer Helfer. Auf dem platten Lande begegnen sich zwei grundverschiedene Kulturen – was nicht frei von Komik ist. So entdeckt Herr Yamashiro, sehr zum Entsetzen seiner Köchin, dass ihm Mettbrötchen, Rotkohl, Schnitzel und Kartoffeln ganz hervorragend schmecken. Selbst für den Schnaps, den Wirtin Herta Mölders im Gasthaus „Pit's Schollenkutter“ ausschenkt, kann sich der Ofen-Spezialist begeistern. 
Die Eingeborenen hingegen beobachten fasziniert die japanischen Zeremonien. Denn die Gäste unterscheiden sich sowohl in ihrem Verständnis von Kunst und als auch ihrer Lebensauffassung erheblich von dem, was den Deutschen vertraut ist. Das zeigt sich in einer urkomischen Szene beim Zoll, wenn der Beamte die kostbaren Teeschalen des japanischen Meisters für Hobbytöpfereien hält. Das wird besonders sichtbar, wenn Liesgang örtliche Handwerker in das Projekt mit einbindet. Selbstverständlich setzen sie ihren ganzen Ehrgeiz daran – und sind den Japanern darin näher, als sie ahnen. Christoph Peters gelingt mit diesem Roman erneut eine federleichte Komödie über das Zusammentreffen zweier Kulturen. Es ist zugleich ein wundervolles Buch darüber, was möglich wird, wenn sich Menschen für ein gemeinsames Ziel engagieren. Die Geschichte erweist sich darüber hinaus als eine Parabel über den Wert des Handwerks. Unbedingt lesen!  

Prädikat: ****

Dienstag, 20. Januar 2015

Su Turhan: Bierleichen (Knaur)

Beim Bier versteht der Münchner keinen Spaß. Erst recht nicht, wenn eine renommierte Münchner Privatbrauerei an einen Türken verkauft wird, der den Standort verlagern und zukünftig in Istanbul  Bier nach deutschem Rein- heitsgebot brauen will. 
Und dann wird aus dem Wittelsbacher Brunnen eine Bierleiche gefischt. Ein türkischer Student, der Zeugenaussagen zufolge niemals Alkohol trinkt, mit
3,2 Promille – Kommissar Zeki Demirbilek von der Soko Migra, für Fälle mit Migrationshintergrund, ist alarmiert. Zumal es bei der einen Leiche nicht bleibt. Und so schaut sich die Polizei die Brauerei etwas genauer an, und findet da etliche Ungereimtheiten. Su Turhan bietet dem Leser in seinem Krimi ein Vexierspiel um kulturelle Differenzen. Da ist nichts so, wie es zunächst erscheint. Die Wahrheit aber ist in diesem Falle erstaunlich banal, wie man am Ende überrascht feststellen wird. 


Prädikat: **

Montag, 19. Januar 2015

Karen Benedikt: Die Kerzenzieherin (Knaur)

Burg Isenberg, im Jahre 1225: Zwei Novizinnen bringen Waren aus dem Kloster, und werden dabei zufällig Zeugen einer Verschwörung gegen den Erzbischof von Köln. Nur Ellin gelingt es, zu fliehen. Doch bald muss sie feststellen, dass die Schergen des Grafen ihr folgen. Selbst im fernen Bremen, wo sie als Kerzenzieherin ein Auskommen findet, ist Ellin nicht außer Gefahr. Und so reist die junge Frau weiter, nach Hamburg und dann nach Lübeck. Dort findet sie Unterstützung – und eine Familie. Ein gelungener historischer Roman, auch wenn man so manches Detail wahrscheinlich besser nicht hinterfragt. Aber die Handlung ist spannend, und Caren Benedikt erzählt souverän und sprachlich sehr ansprechend. 

Prädikat: **

Sonntag, 18. Januar 2015

Tatjana Kruse: Gestickt, gestopft, gemeuchelt (Knaur)

Siggi Seifferheld, ehemals Polizist, nun im Vorruhestand, hat allerlei auszuhalten. Statt friedlich mit seinem Hund Onis spazierenzugehen und in Ruhe daheim zu sticken, muss er sich mit der Damenwelt herumärgern. Tochter Susanne will heiraten, Nichte Karina ist noch immer unvermindert rebellisch, und Schwester Irmgard, Spitzname „Die Generalin“, ist vor ihrem Ehemann, Pastor Helmerich Hölderlein, geflüchtet, weil dieser wieder einmal im Gottesdienst trommeln will. 
Da wird der Mord an zwei jungen, hübschen Schauspielerinnen fast zur Nebensache. Schwäbisch Hall freilich ist eine kleine Stadt, und so schaut Seifferheld quasi im Vorübergehen nach dem Sachstand. Tatjana Kruse hat einmal mehr einen charmanten Krimi um ihren knorrigen Helden geschrieben – dem Leser zur Freude. 

Prädikat: ***

Katharina Münk: Die Insassen (dtv)

Was machen Manager in einer Nervenklinik? Klarer Fall: Zuerst suchen sie sich eine Chefsekretärin. Und dann bringen sie die Anstalt auf Kurs – und an die Börse. Im Zeitalter der digitalen Kommunikation und mit den entsprechenden Kontakten ist das kein Problem, wie der Leser schmunzelnd feststellen wird. Eine bitterböse Satire, die deutlich zeigt, wie abgehoben doch so manches Topmanagement agiert. Eine gute Story, die die Börse begeistert, muss wohl nicht zwangsläufig etwas mit der Unternehmensrealität zu tun haben. Die Autorin, die hier unter Pseudonym agiert, weiß offensichtlich genau, wovon sie schreibt. Selten so gelacht.

Prädikat: ****

Sam Eastland: Sibirisch Rot (Knaur)

Paul Watkins' dritter Kriminalroman mit dem Helden Inspektor Pekkala, einst Auge und Ohr des Zaren, nunmehr in geheimer Mission unterwegs für Josef Stalin. Diesmal wird er ausgeschickt, das Gold des Zaren aufzuspüren – in das Arbeitslager Borodok, nach Sibirien, dorthin, wo er als Gefangener lange Jahre verbracht und überlebt hat. Schon die erste Szene, in der Stalin auf den Einmarsch der Deutschen in Polen mit einem veritablen Wutanfall reagiert, macht deutlich, dass es hier weniger um Geschichte geht als um unglaubliche Geschichten. Den Genossen Stalin zur Figur in einem Kriminalroman zu machen – auf eine solche Idee kann wirklich nur ein Amerikaner kommen....

Prädikat: *

Ursula Niehaus: Die Stadtärztin (Knaur)

Ursula Niehaus erzählt in diesem Roman die Lebensgeschichte der Agathe Streicher. Obwohl die Ulmer Bürgerstochter nie eine Universität besucht hat – Frauen waren im 16. Jahrhundert vom Studium ausgeschlossen – war es ihr gelungen, sich ein umfassendes medizinisches Wissen anzueignen. Davon ließ sie sich auch durch Anfeindungen und Neider nicht abbringen. Ihre Erfolge sprachen sich bald herum, so dass wichtige Persönlichkeiten bei ihr um Rat und Hilfe nachsuchten, darunter sogar der Bischof höchstselbst. Damit wurde das „Medizinieren“ zum Politikum. 1561 gestattete es die Stadt der Streicherin schließlich, den Arzteid abzulegen und auch offiziell zu praktizieren. Eine interessante Geschichte aus einer Zeit, in der in Deutschland heftig um den rechten Glauben und ein gottgefälliges Leben gestritten wurde. 

Prädikat: **

Samstag, 17. Januar 2015

Karen Rose: Todesschuss (Knaur)

Auf Detective Stevie Mazzetti wird geschossen. Das könnte daran liegen, dass sie damit begonnen hat, alte Fälle aufzuarbeiten, die ein korrupter Cop einst im Sinne der Reichen und Mächtigen geregelt hat. Als aber die unbekannten Heckenschützen auch ihre Tochter ins Visier nehmen, gerät Mazzetti in Panik. Denn vor acht Jahren hat ein Unbekannter ihren kleinen Sohn und ihren Mann erschossen, bei einem Überfall auf einen Laden. 
Privatermittler Clay Maynard, der schon seit langem ein Auge auf die Polizistin geworfen hat, versucht, Stevie und ihre Tochter Cordelia in Sicherheit zu bringen. Doch beide wissen: Die Mordversuche werden erst dann enden, wenn der Auftraggeber der Killer aufgespürt ist. Alle Spuren weisen in die Vergangenheit. Und einmal mehr hängt alles irgendwie zusammen. Es ist wie ein kompliziertes Puzzle – und je vollständiger das Bild wird, desto schlimmer wird es, zumal Mazzetti feststellen muss, dass Mann und Sohn seinerzeit keineswegs zufällig Opfer eines Verbrechens wurden. Karen Rose hat ihre Fans einmal mehr mit einem Wälzer beglückt, der einem besser nicht auf den Fuß fallen sollte – doch die mehr als 700 Seiten lesen sich rasant weg. Dieses Buch ist tatsächlich so spannend, dass man es gar nicht mehr weglegen möchte. Gekonnt inszeniert die Autorin die diversen Handlungsstränge, die sie nach und nach zusammenführt, bis zum Finale – das in diesem Falle den Leser aber nicht mehr überrascht. 

Prädikat: ***

Freitag, 16. Januar 2015

Iny Lorentz: Die List der Wanderhure (Knaur)

Den heiligen Gral wollen sie erjagen, die seltsamen Ordensritter um Leopold von Gordean. Vom Besitz dieser Reliquie verspricht sich der Großmeister die Anerkennung seines wilden Haufens – und jede Menge Macht, Güter und die höchsten Ämter. Weil Gordeanus vermutet, dass der Gral in einem einsamen Kloster, tief im Wald verborgen, versteckt ist, fallen die Männer über die dort lebenden Nonnen her. 
Novizin Justina gelingt es, ihnen zu entkommen. Im Auftrag von Äbtissin Isabelle de Melancourt will sie sich zum Würzburger Fürstbischof durchschlagen, um Hilfe zu erbitten. Dabei hätten sie beinahe die Schergen des Großmeisters getötet – doch dann greifen Marie, die ehemalige Wanderhure, und ihr Mann Michel ein. Sie können auch die Schwestern befreien. Einige Hammerkreuzler allerdings sind entkommen. Routiniert schicken die Autoren ihre Helden auf eine rasante Wettreise. Schließlich sind es sogar drei Trupps, die den Spuren des Grals folgen. Die Geschichte wird gekonnt erzählt - und sie bleibt spannend bis zum überaus verblüffenden Ende. 

Prädikat: ***

Rita Falk: Sauerkrautkoma (dtv)

Sie sind urkomisch, die Provinzkrimis von Rita Falk. Ihr Held, Franz Eberhofer, kommt vom Lande – und so ist er auch unterwegs. Man staunt immer wieder, wie es ihm gelingt, kaum ein Fettnäpfchen auszulassen, und die Mörder trotzdem zu erwischen. Und weil er daheim, in Niederkaltenkirchen, so erfolgreich war, wurde er nun nach München versetzt. 
Das Leben in der Hauptstadt aber behagt dem Eberhofer wenig. Ohne die langen Spaziergänge mit Ludwig, seinem Hund, ohne Einkehr in der Stammkneipe und ohne die Kochkünste seiner Oma ist das Leben nur halb so schön. Da wird Mord glatt zur Nebensache (auch wenn Eberhofer selbstverständlich die Täter findet, auch in München!) Alles geht schief, zum Schluss sogar die eigene Hochzeit. Wenn man darüber dennoch herzhaft lachen kann, dann liegt das an den Fabulier- und Formulierkünsten der Autorin. Köstlich! 

Prädikat: ***

Donnerstag, 15. Januar 2015

Walter Kempowski: Somnia (Knaus)

Er könne gar nicht begreifen, sagte Walter Kempowski einmal, dass es Schriftsteller gebe, die kein Tagebuch führen. Dieses Buch macht deutlich, welche Bedeutung die täglichen Notizen für den Autor hatten. Zum einen halfen sie Kempowski bei der Bewältigung des Alltags mit seinen kleinen und größeren Zwischenfällen und Katastrophen. Diese finden sich daher auch akribisch verzeichnet, und mit Hilfe der literarischen Form schon quasi gebannt. Er berichtet von seinen täglichen Verrichtungen, von seinen Reisen und über Gäste. Zum anderen geben die Tagebucheinträge einen faszinierenden Einblick in die Werkstatt des Schriftstellers, seine Empfindungen und seine Gedankenwelt. Oftmals notierte Kempowski seine Träume – was dem Band dann wohl auch seinen Titel gab.  Die Aufzeichnungen aus dem Jahre 1991 brechen am 21. Dezember 1991 ab. An diesem Tage wurde Gorbatschow durch Jelzin abgelöst. Und Kempowski erlitt einen Schlaganfall. „Somnia“ ist das letzte Werk, das der Schriftsteller fertigstellen konnte. 

Prädikat: ****

Klüpfel/Kobr: Grimmbart (Droemer)

Kluftingers neuer Fall bringt den Kommissar an Grenzen. Denn die Frau eines Barons wurde ermordet, und mit ihrer Leiche wurde dann ein altes Familienporträt nachgestellt. Auch sonst findet Kluftinger das Schloss in Bad Grönenbach und seine Bewohner eher befremdlich. Warum beispielsweise verschwindet der Baron immer wieder im schlosseigenen Märchenwald? Wieso sind die Adligen eigentlich nur noch Gäste im ehemals eigenen Haus? Und welche Rolle spielt der Mann mit den seltsamen gelben Augen? 
Auch privat steht Kluftinger vor interkulturellen Abgründen. Denn sein Sohn heiratet, und zur Feier reisen selbstverständlich die Eltern der Braut aus Japan an. Andere Länder – andere Sitten; da sind Missverständnisse nicht zu vermeiden. Der Leser kommt aus dem Schmunzeln kaum heraus, so wirkungsvoll inszenieren Volker Klüpfel und Michael Kobr die Begegnung von japanischen und deutschen Bräuchen. Ach ja, der Mörder wird natürlich auch noch gefunden. Aber so komisch war schon lang kein Krimi mehr. 

Prädikat: ****

Mittwoch, 14. Januar 2015

Karen Rose: Todeskind (Knaur)

In diesem Thriller erzählt Karen Rose die Geschichte von Staatsanwältin Daphne Montgomery. Sie ist als Kind entführt worden, und erlebt nun ein Déjà-vu. Genau das soll sie auch, denn es gehört zum Racheplan eines jungen Mannes, der Montgomery beschuldigt, sie habe einst seine Mutter in den Tod getrieben. Und wäre da nicht Joseph Carter vom Violent Crimes Enforcement Team, der seine ganz persönlichen Gründe hat, auf die Juristin aufzupassen – wer weiß, wie dieser Krimi ausgegangen wäre. Karen Rose erweist sich einmal mehr als Meisterin des Storytelling. Wie sie Handlungsstränge anlegt, verfolgt und auserzählt, und dabei ganz nebenher das Personal für zukünftige Bücher einführt, das ist sehr beeindruckend. 

Prädikat: ****

Dienstag, 13. Januar 2015

Sven Koch: Dünentod (Knaur)

Ein offfenkundig Irrer hat an seinem Geburtstag erst seine Eltern umgebracht, und kapert dann eine voll besetzte Nordseefähre, um sie ins Nichts zu steuern. Sven Koch stellt mit diesem zweiten Fall das ostfriesische Ermittlerduo Tjark Wolf und Femke Folkmer vor eine Heraus- forderung. Denn die Zeit läuft. Und der Verrückte hat sich auf das Massaker allem Anschein nach sorgsam vorbereitet. Wer aber ist der Mann ohne Fingerabdrücke, und welche Rolle spielen die beiden örtlichen Motorradclubs hier? Ein spannender Krimi, mit einer kräftigen Portion Lokalkolorit. 

Prädikat: ***

Sonntag, 11. Januar 2015

Perri Knize: Der verlorene Klang (dtv)

Nach langer Pause hat Perri Knize wieder angefangen, Klavier zu spielen. Zum Üben sucht sie nach einem Instrument – lange und gründlich, denn die Journalistin wünscht sich nicht nur exzellente Spielbarkeit, sondern vor allem auch einen guten Klang. Wer jemals ein Klavier gekauft hat, der weiß, wie schwierig eine solche Suche sein kann. Doch Knize findet „ihren“ Flügel. Es ist, sozusagen, Liebe auf den ersten Ton. Denn der volle, warme Klang, der Knize an die Stimme Marlene Dietrichs erinnert, erscheint ihr unvergleichlich. Doch als Marlene dann bei ihr zu Hause eintrifft, ist dieser magische Klang – verschwunden! Und kein Klavierstimmer ist in der Lage, ihn stabil wiederherzustellen. Dummerweise hat Knize, als Tochter eines Berufsmusikers, ein sehr gutes Gehör. Und sie setzt alles daran, den Zauber zurückzuge- winnen, den das Instrument ursprünglich hatte. 
In diesem Buch beschreibt sie ihre Suche nach dem verlorenen Klang. Es ist, zugegebenerweise, ein Luxusproblem, mit dem sie leidenschaftlich ringt – und man fragt sich schon, ob es sich lohnt, endlos Zeit und natürlich auch sehr viel Geld dafür zu investieren. Doch dann liest man von Knizes faszinierenden Begegnungen mit all den Klavierspezialisten, und man stellt erstaunt fest, wie viele Wege es gibt, die aber allesamt nicht zum Ziel führen. Man ahnt bald, wieso ein Klavier klingt, wie es klingt. Doch man begreift auch, was für ein Mysterium der Klang an sich ist. 
Der Leser folgt Knize sogar quer durch Europa: In Österreich beobachtet sie, wie die Fichten gefällt werden, aus denen schließlich der Resonanzboden eines Klaviers entstehen wird. Und in Braunschweig, bei Grotrian-Steinweg, verfolgt sie, wie die Instrumente gebaut werden. Für Marlene findet sich letztendlich eine Lösung. Eine spannende Reise, mit überaus verblüffenden Konsequenzen – und ein überraschend kluges Buch über Musik. 

Prädikat: ****