Montag, 19. Oktober 2009

Katja Kessler: Frag mich, Schatz, ich weiß es besser! (Diana Verlag)


Wie geht es zu im Hause Diekmann? Wer schon immer wissen wollte, wer im Haushalt des Bild-Chefredakteurs die Hosen anhat, der sollte in dieses Büchlein schauen: "Bekenntnisse einer Ehefrau", nennt die frühere Bild-Kolumnistin und derzeitige Vollzeitmutter,  Hausstandsmanagerin Kessler, ihre wenig diskreten, aber unterhaltsamen Textchen.

Prädikat: **

Donnerstag, 15. Oktober 2009

Kerstin Hensel: Im Spinnhaus (Sammlung Luchterhand)


Das Spinnhaus, um 1860 erbaut, steht in Neuwelt, Erzgebirge. Die Autorin erzählt Geschichten um dieses Gebäude - und seine Bewohner, die ihre Eigenheiten haben. Denn das Spinnhaus beherbergte stets die Armen und Verirrten. Und die Erzgebirger sind ohnehin ein etwas seltsames Bergvolk, das jedoch Geschichten liebt und mit Leidenschaft erzählt. Kerstin Hensel, in Karl-Marx-Stadt, also am Rande dieses Gebirges, aufgewachsen, ist mit diesem knorrigen Menschenschlag offenkundig bestens vertraut. Das Buch jedenfalls ist ihr grandios gelungen; all meine Freunde, die aus besagter Gegend kommen, haben sich und ihre Heimat schmunzelnd wiedererkannt. Dennoch ist dieser Roman keine Heimatschmonzette. Er ist formal höchst anspruchsvoll, und es spricht für die Autorin, dass man beim Lesen trotzdem nirgends stolpert.

Prädikat: *****

Dienstag, 13. Oktober 2009

Simenon: Sämtliche Maigret-Romane (Diogenes)


Welch ein Lesevergnügen! Kommissar Maigret unterwegs in Paris, stets auf der Suche nach dem Täter - und oft gar nicht froh, wenn er endlich gefunden ist. Simenon führt den Leser in eine Stadt, in der selbst die Ganoven im Prinzip akzeptabel sind, und quasi Männer von Ehre. Jeder hat in dieser Gesellschaft seinen Platz. Vom Notar bis zum Clochard, von der Concierge bis zum Polizeipräsidenten, und vom Diplomaten bis zu den Animierdamen in den Nachtlokalen. Simenon beschreibt diese Ordnung mit liebevollem Blick und mit einer Hingabe ans Detail, die den Leser hoffen lässt, die Lektüre der schmalen Bändchen möge noch einen weiteren Abend dauern. Doch irgendwann ist auch der 75. Fall gelöst. Was wir sehr schade finden - denn dieser Polizist, der keine Lust hat, im Büro zu sitzen, ist eine Traumfigur aus einer heilen Welt, die hier und da Risse bekommt. Maigret sorgt mit französischem Charme dafür, dass sie nicht überhand nehmen.

Prädikat: *****

Birgit Jaeckel: Der Fluch der Druidin (Knaur)


Der Nordmann Nando entführt die junge Sumelis. Sie gilt als Hexe, denn ebenso wie ihre Mutter, von der sie die Gabe geerbt hat, kann sie Seelen sehen. Und davor fürchten sich ihre Landsleute mächtig. Auch Boiorix, dem Anführer der Kimbern, ist ihre Fähigkeit nicht ganz geheuer. Doch sie ist seine letzte Chance. Denn er hat eine Druidin beleidigt, und sie hat sich mit einem Fluch gerächt.
Sumelis soll dafür sorgen, dass der Usurpator, der sich anschickt, mit seinem Volksstamm römisches Gebiet auszuplündern, wieder ruhig schlafen kann - und wieder fit wird für die unvermeidliche Schlacht gegen die Legionen, die ihm bereits entgegen ziehen. Birgit Jaeckel entwirft ein farbenfrohes und zumeist überzeugendes Panorama jener fernen Zeit. Einzig die Liebesgeschichte zwischen Nando, dem Leibwächter des Kimbernkönigs, dessen Seele schier unauffindbar ist, und der Seelenwächterin Sumelis, die letzten Endes scheitert, weil kurzzeitig denkbar ist, dass beide denselben Vater haben, erscheint ein bisschen bemüht. Spannende Unterhaltung, auch sprachlich verträglich.

Prädikat: ***

Raymond Chandler: Der große Schlaf / Die Tote im See / Das hohe Fenster / Der lange Abschied / Die kleine Schwester / Playback / Lebwohl, mein Liebling (Diogenes)


Wenn Chandlers Privatdetektiv Philip Marlowe ermittelt, dann oftmals in der sogenannten besseren Gesellschaft. Doch die Erkenntnisse, zu denen der knurrige, dem Alkohol sehr zugetane Eigenbrötler gelangt, sind nicht dazu angetan, ihm Reichtum und Familie erstrebenswert erscheinen zu lassen. Denn Reichtum ist vergänglich. Familien gleichen oftmals Schlangengruben. Und Polizei und Justiz, die für Zucht und Ordnung sorgen sollten, sind bis auf wenige Ausnahmen korrupt. Chandler versteht es, Kriminalfälle zu entwerfen, bei denen der Leser mit keinem der Helden so recht mitfiebern mag. Denn die handelnden Personen sind eigentlich alle unsympathisch. Dennoch sind die Bücher spannend bis zur letzten Seite. Chandler legt seine Fälle oftmals an wie einen Irrgarten, und er lässt sich mit der Auflösung Zeit.Und ganz nebenbei skizziert der Autor, in einem sehr eigenen Stil, ein präzises Bild Kaliforniens in den 40er und 50er Jahren.


Prädikat: *****